Wir stellen Positionen zum Thema TTIP vor, die auf das Gesundheitswesen wirken. Besonders die Relevanz für die Krankenhauswirtschaft wird in diesem Artikel in den Fokus gerückt.

Die Verhandlungen für das transatlantische Freihandelsabkommen sind zu Ende, der Protest ist es nicht. Dabei ist der Vertragstext noch geheim. Informationen sickern angeblich durch und lassen erahnen, dass die Europäer ein schlechtes Geschäft gemacht haben sollen. Wieder gehen Menschen auf die Straßen. Sie können die vorausgeahnten Verhandlungsergebnisse nicht akzeptieren. In allen Debatten geht es um Erwartungen einerseits und Befürchtungen andererseits. Befürchtete Handelshemmnisse, Hoffnung auf bessere regulatorische Zusammenarbeit, um die öffentliche Daseinsvorsorge und um Investitionsschutz.

Die Industrie insgesamt ist sich einig, dass TTIP zum Wirtschaftswachstum beiträgt. Das gilt auch für die Gesundheitswirtschaft. Schon jetzt bilden die USA und die EU zusammen den größten Wirtschaftsraum der Welt. Für Deutschland sind die USA der bedeutendste außereuropäische Handelspartner. Die transatlantische Wirtschaft generiert über 50 Prozent des weltweiten BIPs und erzeugt über 14 Millionen Arbeitsplätze. Die transatlantische Wirtschaft macht 40 Prozent der globalen Kaufkraft aus. An keinem anderen Standort in Europa ist die Konzentration der US-Investoren höher als in Deutschland.

In der Gesundheitswirtschaft hofft man auf dieselben positiven Effekte wie im Rest der Wirtschaft: Ein vereinfachter transparenter Marktzugang, Kompatibilität der Regularien als große mögliche Vorteile in der Zukunft sowie der Schutz geistigen Eigentums.

Was die Medizinprodukte angeht, basierte die gemeinsame Zusammenarbeit bisher auf der Basis des International Medical Device Regulators Forum (IMDRF). Hier hat die Kommission Fortschritte im Bereich Quality Management System (QMS) Audits verhandelt, etwa durch gegenseitige Anerkennung der QMS-Audits (Single Audit Principle). Die Rückverfolgbarkeit auf beiden Seiten des Atlantiks durch die Einführung des Produktkennzeichnungssystem Unique Device Identification (UDI) sowie durch die Sicherstellung der Kompatibilität der europäischen und amerikanischen UDI-Datenbanken soll verbessert werden. Und die Vereinheitlichung elektronischer Zulassungsanträge werden sollen den administrativen Aufwand für Hersteller und Zulassungsbehörden reduzieren.  Zur Voraussetzung  für die erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele braucht es die neue Medizinprodukteverordnung (MDR).

Gegner des transatlantischen Freihandelsabkommens sehen einen Verlust der Gestaltungshoheit der Kommunen und damit einen potentiellen Verlust sinnvoller Entscheidungen für die Menschen vor Ort. Hier werden auch die öffentlichen Krankenhäuser genannt. Eine der kritischen Vereinigungen ist das Bürgernetzwerk „Campact“. Dieses warnt, dass Investoren aus den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) ihre Investorenschutzklauseln nutzen könnten, um vor internationalen Schiedsgerichten gegen den deutschen Staat zu klagen, wann immer sie sich „indirekt enteignet“ fühlen oder ihre „legitimen Erwartungen“ enttäuscht sehen. Eine Campact-Studie führt einige detaillierte Beispiele auf: Kommunale Krankenhäuser erhalten oft Ausgleichszahlungen vom deutschen Staat. Schon jetzt gehen private Kliniken dagegen vor – bisher sind sie allerdings gezwungen, sich an die deutsche Justiz zu wenden. So läuft in Baden-Württemberg gerade ein Musterprozess: Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) hat den Landkreis Calw verklagt, weil dieser seine Kreiskrankenhäuser unterstützt. Das Landgericht Tübingen wies die Klage zwar ab, aber der BDPK kündigte schon an, in Berufung zu gehen. Private Krankenhausketten wie Fresenius hingegen haben Aktionäre, die wie der Vermögensverwalter BlackRock aus den USA stammen. Sobald die Abkommen abgeschlossen sind, könnten sie vor internationale Schiedsgerichte ziehen.

In einem vom Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) beauftragten Gutachten wird dazu für den Wasserbereich festgestellt, dass mit TTIP nationale oder lokale Einschränkungen, die Wasserversorgungen nur über öffentliche Unternehmen erstellen zu lassen, nicht mehr zulässig wären. Damit würde die Privatisierung der Wasserversorgung, um die es in der Vergangenheit in der Bundesrepublik eine breit geführte öffentliche Debatte gegeben hat und die von der Bevölkerung abgelehnt wird, durch TTIP erzwungen.

Bei den kommunalen Dienstleistungen gelten die amerikanischen Märkte als stärker politisch reguliert und gegen Wettbewerb geschützt. Europäische Dienstleistungskonzerne möchten die in den USA übliche „Buy-American-Regelungen“ durch TTIP beseitigen. Diese Regelungen sehen vor, dass bei der Vergabe von öffentlichen Dienstleistungen US-Betriebe bevorzugt werden. Eine Regelung, die europäischem Wettbewerbsrecht widersprechen würde.

Welche Bereiche wären in Ihrem Geschäftsfeld betroffen?

Kennen Sie konkrete Beispiele für einen erwartbaren spürbaren Effekt durch TTIP?

Welche Meinung haben Sie zu den Verhandlungen?