Ganzheitliches Prozessmanagement – Die beste Medizin für das Krankenhaus.
Ausgangssituation: Die Organisationsstruktur eines Krankenhauses, vor allem aus Sicht der bestehenden Linienorganisation, birgt zahlreiche bekannte Nachteile in sich. Einer dieser Nachteile ist das abteilungs- bzw. berufsgruppenorientierte Denken und das damit verbundene Kommunikationsverhalten. Dieses Faktum führt zu einer Ressourcenbelastung, welche nur noch schwer zu finanzieren ist. Die Notwendigkeit einer Systemänderung ist bereits erkannt. Der hier beschriebene prozessorientierte Methoden- und Toolansatz ermöglicht Betrieben im Sozial- und Gesundheitsbereich (insbesondere Krankenhäuser), betriebsorganisatorisch bedingte Potentiale zu heben.
Der methodische Lösungsansatz
Aus dem grundsätzlichen Versorgungsauftrag eines Krankenhauses und in starker Anlehnung an das Raum- und Funktionenprogramm, wird eine prozessorientierte Organisationsstruktur definiert, welche die abgeleiteten Ziele aus der Vision des Krankenhauses umzusetzen imstande ist. Diese Struktur bildet in ihrer Gesamtheit die Möglichkeit, den medizinischen, pflegerischen und kaufmännisch-administrativen Bereich eines Krankenhauses prozessorientiert abzudecken und sämtliche Leistungen am Patienten bzw. an der Patientin zu orientieren.
Der wesentliche Ansatz liegt in der Definition eines krankenhausweiten Prozessmodells, welches für alle Anforderungen der Betriebsorganisation Gültigkeit hat. Sei es das betriebliche Qualitätsmanagement, die Prozesse der Informationstechnologie oder die Personalbedarfsplanung, sämtliche Sichten der Organisation basieren auf einem konsistenten Prozessmodell (siehe Grafik 1). Diese prozessorientierte Integration mündet in folgende Prinzipien:
- einmalige Prozessdokumentation (Vermeidung von Insellösungen bzw. redundanzfreie Informationshaltung)
- optimierter Arbeits- und Dokumentationsaufwand (durchgängiges Änderungsmanagement )
- Gesamtoptimierung nach prozessorientierten Grundsätzen (der Prozess steht im Mittelpunkt der Wertorientierung)
Dem Prinzip der Patientenorientierung folgend, können alle Prozesse in klar definierte Bereiche untergliedert werden:
- Primärprozessbereiche > Prozesse, in denen der Patientenversorgungsauftrag entsteht (z. B. Stations- oder Ambulanzprozesse)
- Sekundärprozessbereich > Prozesse, welche durch Primärprozesse angestoßen werden (z. B. Diagnostikprozesse)
- Tertiärprozessbereiche > Prozesse, welche in der Regel keine direkte Patientennähe beinhalten (Administrations- und Verwaltungsprozesse)
Zielsetzung des Ansatzes der Patientenorientierung ist die Erreichung einer optimal abgestimmten Betreuung der Patienten in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen (stationär, ambulant).
Der toolgestützte Lösungsansatz
Die gesamte Aufbau- und Ablauforganisation wird toolgestützt, unter Verwendung des Geschäftsprozessmanagement-Tools AENEIS®, abgebildet. Im Rahmen der Strukturdefinition des Prozessmodells wird eine durchgängige Organisationslandschaft generiert, welche auf drei wesentlichen Organisationsebenen aufbaut:
- Ebene 1: Generische Ebene (Gesetze/Normen/Richtlinien/Standards …)
- Ebene 2: Prozessebene (Prozesslandkarte, Prozessgruppen, Prozesse und Prozessschritte, Aufgaben und Arbeitsschritte, Schnittstellenbeschreibungen und Service-Level-Agreements)
- Ebene 3: Ressourcenebene (Organisationseinheiten, Rollen, Dokumentationen, IT-Systeme, Externe Partner, Sachmittel, Räume, Kennzahlen …)
Die einzelnen Elemente dieser Ebenen werden in der Prozessmodellierung ablauforientiert miteinander verknüpft, sodass eine integrierte Prozesslandschaft, von der übergeordneten Prozesslandkarte bis zu den medizinischen Standard Operating Procedures (SOP´s), den Pflegeabläufen oder den Ver- und Entsorgungsabläufen entsteht. Die Ergebnisse dieser integrierten Prozesslandschaft gehen jedoch weit über eine „bloße“ Prozessvisualisierung hinaus, so können auf Knopfdruck und ohne zusätzlichen Modellierungsaufwand Stellen- oder Kompetenzbeschreibungen ebenso generiert werden, wie Pflichtenhefte für die Einführung von IT-Systemen oder spezifische Nachweisdokumente für die organisatorische Erfüllung von Vorgaberichtlinien (siehe Grafik 2).
Zur Qualitätssicherung der Datenaufbereitung bzw. datenbankspezifischen Informationseingabe wird ein zweistufiges Konzept der Datenfreigabe in AENEIS® initiiert. Dieses Konzept beinhaltet sowohl eine methodische als auch eine technische Überprüfung der Informationsintegration.
Umsetzung
Der Grundgedanke der Umsetzung ist die methodische Ähnlichkeit von Projektmanagement und Prozessmanagement. Aspekte wie Kommunikationsverhalten, bereichsübergreifende Verantwortungszuordnung, Führung im Team und Teamarbeit spiegeln diese Ähnlichkeit wider. Dieser Gedanke mündet in die Methodik der „Transformation vom Projekt zum Prozess“. Die in der klassischen Linienorganisation tätigen Mitarbeiter sollen durch die Einbindung ins Projekt die Vorzüge der Maßnahmenverantwortlichkeit kennen lernen und somit einen leichten Einstieg in die Prozessorientierung erfahren.
Nutzenpotentiale
- Schaffung eines Prozessmodells für alle Sichten der Betriebsorganisation
- Historisch gewachsene Strukturen verlieren an Bedeutung > prozessorientierte Behandlungsverantwortung gewinnt an Priorität
- Fachabteilungsübergreifende (standardisierte) Behandlungsabläufe werden entwickelt
- Qualität, Wirtschaftlichkeit und Patientenorientierung von Leistungskomplexen stehen im Vordergrund
- Modellierung, Analyse, Simulation, Kostenberechnung und Dokumentation von Prozessen und Organisationsstrukturen sind in einem Organisationsmodell möglich
- Benutzerfreundliche Handhabung der Datenbank
- Kommunikationsunterstützung durch die transparente Darstellung von Prozessen in Form eines modernen Intranetprozessportals
- Redundanzfreie Datenhaltung und ressourcensparendes Administrations- und Änderungsmanagement
Erfahrungsberichte des Landeskrankenhauses Klagenfurt
Das Landeskrankenhaus Klagenfurt steht vor der Herausforderung, Prozessmanagement zentral zu thematisieren. Dieser Herausforderung wird auf zwei Ebenen begegnet:
1)Die Einführung eines krankenhausweiten prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems nach EN ISO 9001:2000
2) Die Entwicklung und Implementierung eines zukunftsweisenden Betriebsorganisationskonzeptes, in Verbindung mit einem architektonischen Neubau des gesamten Krankenhauses
Die besondere Zielsetzung beider Projekte liegt im Aufbau eines krankenhausweiten Prozessmodells, welches sowohl die Darstellung der IST-Situation (Punkt 1) als auch die Entwicklung des Sollkonzeptes (Punkt 2) gewährleistet bzw. diese phasenweise miteinander „verschmelzen“ lässt. Die Jaros & Koch Unternehmensberatungs GmbH aus Graz unterstützt beide Projekte im Rahmen des betrieblichen Prozessmanagements und verwendet hierbei das Geschäftsprozessmanagement-Tool AENEIS® der intellior AG aus Stuttgart.
Der Leiter des internen Qualitätsmanagements, Dipl. BW (FH) Martin Weigelt fasst seine bisherigen Projekterfahrungen wie folgt zusammen:
„Im Landeskrankenhaus Klagenfurt leben seit 2003 bzw. 2005 bereits mehrere Abteilungen sehr erfolgreich ein prozessorientiertes und zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem nach der EN ISO 9001:2000.
Mit dem umfassenden klinischen Prozessmodell – unterstützt durch das Geschäftsprozessmanagement-Tool AENEIS® – wird das Ziel erreicht, den Versorgungsablauf effizienter zu gestalten. Der Versorgungsablauf wird nach der spezifischen Situation und den individuellen Krankheitsmerkmalen der Patienten variiert. Somit ist eine auf den Einzelfall ausgerichtete Evaluation der erbrachten Leistungen möglich. Der prozessorientierte Ansatz bestätigt, dass die besten Behandlungsergebnisse dann erzielt werden, wenn die Behandlung selbst nach nachvollziehbaren bzw. nachprüfbaren Regeln systematisiert erfolgt, die dem Stand des medizinischen und pflegerischen Wissens entsprechen.
Das Prozessmodell beschreibt in der Vollausbaustufe (geplant mit Mitte 2007) sämtliche diagnostische, therapeutische, pflegerische und klinisch-administrative Maßnahmen innerhalb des Versorgungsablaufes. Die Qualität der Leistungsprozesse ergibt sich zunehmend aus dem Vergleich von bestimmten Kriterien mit entsprechenden Standards und Durchschnittswerten. Mit einem aus AENEIS® generierten Intranetportal („MEQFIS“ > Medical Quality File and Information Sharing“) werden den Mitarbeitern im Landeskrankenhaus Klagenfurt alle Prozessinformationen, Kennzahlen und Benchmarks zur Verfügung gestellt. Das intuitive Intranetportal und ein ständiges Verbesserungswesen erlauben und fördern eine ständige Weiterentwicklung des klinischen Prozessmodells.“
Autoren:
Peter C. Jaros, Karl Heinz Koch
Jaros & Koch Unternehmensberatungs GmbH
Kaiserfeldgasse 22,
A-8010 Graz
Quelle: intellior ag