Es ist keine Revolution, wenn der Ethikrat das Patientenwohl als Maßstab für das Krankenhaus zu verankern verlangt, wie letzte Woche in Berlin geschehen. Dennoch interessiert uns von der Redaktion Klinik-im-Netz, wo der Fokus der Empfehlung liegt und welche Defizite der Ethikrat nach Abschluss seiner Untersuchung sieht.
Es fällt zunächst auf, dass die erste von 29 Empfehlungen sich auf eine bessere Kommunikation im Krankenhaus konzentriert. Hier verlangt der Ethikrat die Förderung der kommunikativen und interkulturellen Kompetenz aller im Krankenhaus Tätigen. Diesbezüglich sollen Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote entwickelt werden. Zudem solle der zeitliche und organisatorische Aufwand bei den Vorgaben für die Vergütung innerhalb des DRG-Systems berücksichtigt werden. Dies betrifft sowohl die Kommunikation mit Patienten als auch die interprofessionelle Kommunikation.
Punkt zwei will eine Stärkung der Pflege. Lösungsvorschlag ist hier, Pflegepersonalschlüssel in Abhängigkeit von Stations- und Bereichsgrößen für Krankenhäuser zu entwickeln und die Voraussetzungen für eine personale Kontinuität in der Pflege der Patienten zu schaffen. Heißt, dass der Bezug zu Pflegepersonen Patienten helfen soll, sich zu orientieren und zu genesen.
Die nächste Empfehlung lässt sich ebenfalls als Rüge lesen. Der Ethikrat fordert, dass Patienten nicht vorzeitig oder verzögert entlassen werden, um eine für das Krankenhaus ideale Abrechnung zu bewerkstelligen. Ein schwerer Vorwurf, der im Bewusstsein der Bürger allerdings bereits als praktizierte Tatsache durchgeht. Eigentlich kein Aufreger mehr. Mit welchen Steuerungsmethoden der Ethikrat die Stellschräubchen zu drehen empfiehlt, lässt sich in der ausführlichen Stellungname nachlesen, die wir Ihnen im Anhang anfügen.
Der Bund soll ein Programm auflegen, so fordert der Ethikrat weiter, der den Ausbau multidisziplinärer Zentren fördert, die sich an bestimmten Krankheitsbildern orientieren.
In Punkto Qualitätssicherung und Dokumentation weist der Ethikrat darauf hin, dass die Dokumentationen im Krankenhaus einerseits sehr zeitaufwendig sind und abrechnungsbezogenen Hintergrund haben, dass andererseits der Benefit für den Patienten an die Dokumentations- und Evaluationspflichten durch eine Verbesserung der Befragungen erhöht werden könnte.
Patientenbefragungen sollten nicht nur bezogen auf Behandlungserfahrungen und Behandlungsergebnisse durchgeführt werden, wie sie vom AQUA-Institut derzeit für einzelne Leistungsbereiche vorgeschlagen werden, sondern Befragungen auch bezogen auf die subjektive Lebensqualität der Patienten während der Krankenhausbehandlung, den Behandlungsprozess und gegebenenfalls den unerfüllt gebliebenen Informationsbedarf.
So sollten die Pflege und ihre Standards in zukünftigen Qualitätserhebungsinstrumenten nicht nur stärker in den bestehenden Leistungsbereichen Berücksichtigung finden, sondern die Pflege sollte auch als eigenständiger Leistungsbereich operationalisiert werden. Zwar sieht der Ethikrat, dass Umfang und Detailliertheit durch Dokumentationspflichten den ärztlichen Bereich und die Pflege und deren ohnehin knappe zeitliche Ressourcen belasten. Da er aber den Nutzen dieser Dokumentation für den individuellen Patienten als fraglich ansieht, stellt der Ethikrat die Frage nach einer geeigneten Kompensation für diese Leistungserbringung, sprich der Dokumentation von Ärzten und Pflegenden, die eine erhebliche zusätzliche Leistung und Aufmerksamkeit verlangt, die dann der Zuwendung zum Patienten abgeht. Der Ethikrat wünscht die Entwicklung digitaler technischer Lösungen für eine durchgreifende Vereinfachung.
Ein Überblick über das Versorgungssystem Krankenhaus des Ethikrats trifft die nicht neue, aber dennoch richtige Feststellung, dass auch das Segment der stationären Versorgung bisher keine hinreichende Stabilität entwickelt hat, was sich in der offensichtlichen Notwendigkeit fortlaufender gesetzlicher Nachbesserungen zeige. Der Ethikrat weist auch noch einmal hin auf die fehlende Planungssicherheit für die einzelnen Krankenhäuser.
Zusammengefasst fordert der Ethikrat eine Orientierung am Patientenwohl durch
- Selbstbestimmungsermöglichende Sorge
- Gute Behandlungsqualität inklusive objektiver und subjektiver Elemente
- Gerechtigkeit beim Zugang zu Krankenhausleistungen
Nähere Informationen finden Sie in der ausführlichen Stellungnahme des Deutschen Ethikrats: