Medizin der Zukunft

Es wird weder die Forscher noch die beteiligten Krankenhäuser reich machen, aber der Gedanke ist lobenswert und jeder Anstoß willkommen:

In Baden-Württemberg wurde am Montag ein Projekt für neue Ansätze zur gesundheitlichen Versorgung gestartet. Von dem Projekt erhofft sich das Land Baden-Württemberg wichtige Impulse für die medizinische Versorgungsplanung und sieht darin einen Modellcharakter.

Baden-Württembergs Gesundheitsministerin Katrin Altpeter: „Wir brauchen neue Ansätze in der gesundheitlichen Versorgung, damit wir auch in Zukunft eine leistungsstarke medizinische Versorgung der Menschen in Baden-Württemberg sicherstellen können“.

Durch eine noch bessere Vernetzung sollen sektorenübergreifende Strukturen entstehen. Dadurch könne die Versorgung insbesondere chronisch kranker Menschen verbessert und Übergänge besser gestaltet werden, so die Ministerin. Vor diesem Hintergrund wurden die Landkreise Reutlingen, Biberach und Ravensburg als Modellregion ausgewählt, um über Kreisgrenzen hinweg Lösungen für eine sektorenübergreifende Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen zu erarbeiten. Für das Modellprojekt, das von Beginn an wissenschaftlich begleitet wird, steht eine Million Euro zur Verfügung. Dabei soll auch die Bevölkerung mit diskutieren.

Das modellhafte Versorgungskonzept soll gemeinsam mit allen Partnern in der Region, mit Landräten und Oberbürgermeistern, Kreistagen, Gemeinderäten, Krankenhausträgern, Kassenärztlicher Vereinigung, Krankenkassen, mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, Vertretungen der Gesundheitsfachberufe und der Pflege sowie den Bürgern erarbeitet werden, schreibt die SÜDWEST PRESSE Online-Dienste GmbH.

Wissenschaftlich begleitet wird die Entwicklung des Konzepts durch das Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt/Main unter der Leitung des Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Professor Ferdinand M. Gerlach. Die begleitenden Bürgerdialoge werden durch das Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart mit Professor Ortwin Renn wissenschaftlich unterstützt. Dazu werden umfassend Daten erhoben und analysiert, zum Beispiel über die Art der Krankheiten, wie oft sie vorkommen und wohin die Patienten damit gehen. Neue Konzepte seien wichtig, da die Menschen älter werden und es immer mehr chronisch Kranke gebe, sagte auch der Leiter des Kreisgesundheitsamtes in Reutlingen wie der SWR berichtet.

Grundlage für die Erarbeitung des Konzepts ist eine Datenerhebung und -analyse durch die Universität Heidelberg. Darin sollen die Morbidität, also die Häufigkeit von Erkrankungen der Bevölkerung Baden-Württembergs, der Ist-Zustand der ambulanten (haus- und fachärztlichen) und der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung sowie die Patientenströme beschrieben werden. Außerdem soll der zukünftige Versorgungsbedarf perspektivisch aufgezeigt werden. Insgesamt sollen auch Daten an den Schnittstellen zur Pflege sowie zur Gesundheitsförderung und Prävention einbezogen werden. Die Daten sollen sowohl auf Landesebene als auch für die beteiligten Land- und Stadtkreise dargestellt werden.

Die Gesundheitsversorgung steht auch angesichts des demografischen Wandels vor großen strukturellen und personellen Herausforderungen, sagte Ministerin Altpeter. Eine wichtige zukünftige Aufgabe bestehe – zusätzlich zu der Akutversorgung – in einer bedarfsgerechten Versorgung von chronisch und mehrfach erkrankten Patienten in einer alternden Bevölkerung. Aber auch das medizinische und pflegerische Fachpersonal stehe vor einer zunehmenden Überalterung. Strukturelle Probleme sieht die Gesundheitsministerin in der kostendeckenden Finanzierung der medizinischen Versorgung, im Nebeneinander von Über- und Unterversorgung sowie in einer unzureichenden interdisziplinären Kooperation und Vernetzung der Versorgungsstrukturen.

Altpeter: „Die Entwicklung neuer sektoren- und kreisübergreifender Versorgungskonzepte ist vor diesem Hintergrund von großer Bedeutung, um auch künftig eine leistungsstarke, bedarfsgerechte gesundheitliche und medizinische Versorgung im Land sicherzustellen.“

Das Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg will unter anderem die Prävention stärken. Der präventive Bereich soll gleichberechtigt neben der medizinischen Versorgung und Pflege stehen. Dabei ist ein Qualitätskriterium, inwieweit eine Bürger- und Patientenorientierung eingehalten wird. Regionale Analysen und Diskussionsprozesse in den kommunalen Gesundheitskonferenzen der Stadt- und Landkreise unter Beteiligung der Bürger sollen die Versorgungsstrukturen und Lebenswelten vor Ort zu gestalten helfen.

Klinik-im-Netz gratuliert zur Idee, wünscht viel Erfolg und freut sich über den Gedanken der Vernetzung, die auf dieser Plattform bereits lebendig gelebt wird.